Lernpaket: Bethel im NS

Zwangssterilisationen

Bereits in den zwanziger Jahren bestand auf internationaler Ebene die Ansicht, dass die Fortpflanzung von Menschen mit vermeintlich ‚minderwertigem‘ Erbgut einzuschränken sei. Am 1. Januar 1934 trat im nationalsozialistischen Deutschland das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft. Pflegepersonal oder Ärzte sollten potentiell Betroffene per Antrag beim Gesundheitsamt anzeigen. Über die Anträge auf Unfruchtbarmachung entschieden dann Erbgesundheitsgerichte. Lag ein rechtsgültiger Sterilisierungsbeschluss vor, musste der Eingriff vorgenommen werden – bei Weigerung auch unter Anwendung von physischem Zwang.

Quellen aus dem Hauptarchiv Bethel

Lest die folgenden Dokumente aufmerksam und untersucht die Quellen anhand der gängigen W-Fragen.

Irmtrauds Leben ist ein gutes Beispiel für das bürokratische Verfahren der Zwangssterilisationen seit dem "Gestz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" von 1934. Was könnt ihr über den Ablauf und die Bürokratie in den Dokumenten erfahren? Und wie erging es Irmtraud? 

Das Mädchen Irmtraud

Irmtraud ist im Jahr 1925 geboren und wuchs bei ihrer Familie auf. Im Kindesalter bemerkte ihre Mutter, dass Irmtraud geistig abnahm. Als sie zehn Jahre alt war, hatte Irmtraud den ersten epileptischen Anfall. Seitdem steigerten sich die Anfälle immer mehr. Weil ihre Eltern sich eine gute Pflege und Förderung für Irmtraud wünschten, bemühte sich ihr Vater um eine Aufnahme in Bethel. Am 23. März 1939 wurde die nun 13-jährige Irmtraud in Bethel aufgenommen und kam in das Pflegehaus Bethsaida, wo sie die Schule und den Konfirmandenunterricht besuchen konnte. Bethel war nun ihr Zuhause geworden. Irmtraud war zwar öfters für einige Tage bei ihrer Familie zu Besuch und sogar 1942 und 1949 für einige Monate aus Bethel entlassen worden, doch ihre Eltern merkten, dass Irmtraud in Bethel besser aufgehoben war und baten um eine erneute Aufnahme. So lebte Irmtraud bis zu ihrem Tod im Jahr 1956 in Bethel.

1933-07-25 Reichsgesetzblatt

1940-11-06 Brief an Vater

1940-11-29 Ärztliches Gutachten

1941-04-10 Beschluss Erbgesundheitsgericht

1941-05-12 Schreiben Erbgesundheitsgericht Bielefeld

1941-07-17 Anordnung Unfruchtbarmachung 

Krankengeschichtsvermerk GzVeN

Weiterführende Informationen

Um das Thema besser zu verstehen und die Quellen richtig in den historischen Kontext einordnen zu können, findet ihr hier weiterführende Texte und Informationen.