Jericho

Jericho, um 1960.

An dieser Stelle wurde 1898 das Haus Jericho für Männer mit einer psychischen Erkrankung errichtet. Es war das erste Haus der Betheler Zweiganstalt in der Senne, das die Arbeit mit psychisch erkrankten Menschen aufnahm.

Schon rund ein Jahrzehnt bevor Jericho entstand, gehörte die Psychiatrie zu einem festen Bestandteil des Hilfeangebots in Bethel. Zeitgleich zum Haus Jericho wurde rechts nebenan das Haus Megiddo für Männer mit einer Epilepsie gebaut.
 

Im Laufe der Jahre entwickelte sich Jericho zu einer Einrichtung für schwer und langfristig psychisch erkrankte Männer. Jericho steht als Beispiel für Entwicklungsphasen in der Psychiatrie. Die gängigen Behandlungsmethoden von Isolierzellen über Dauerbäder bis zu Elektroschockbehandlungen waren auch hier üblich. Seit Mitte der 1950er Jahre setzte sich die medikamentöse Behandlung mit Psychopharmaka immer weiter durch. Gleichzeitig wurden psychisch Kranke stärker in ihrer Individualität wahrgenommen. Doch das riesige, kasernenartig wirkende Haus hatte Schlafsäle mit bis zu 24 Betten. Das brachte Lärm und Unruhe mit sich. Rückzugsmöglichkeiten für die Menschen, die oft über Jahre und Jahrzehnte hier lebten, gab es keine. Der Baustil war ein großes Hindernis für neue therapeutische Konzepte und Wohnformen. 1964 entstand ein Neubau, genannt Pavillon. Über 100 Plätze konnte Jericho anbieten. Das alte Gebäude wurde 1969 abgerissen. 1971 konnte an dieser Stelle ein Neubau eingeweiht werden, der zeitgemäße Förderungs- und Therapiemaßnahmen zuließ.

Doch die nächste Reformphase stand schon vor der Tür: Anfang der 1980er Jahre wurden das Haupthaus und der so genannte Pavillon umgebaut. Zweibett- und Einzelzimmer entstanden; gleichzeitig reduzierte man die Anzahl der Plätze für die Bewohner. In ganz Eckardtsheim, wie auch in der Mutteranstalt selbst, wurden in den psychiatrischen Einrichtungen Plätze abgebaut. Diese Entwicklung geschah vor dem Hintergrund der Reformdiskussionen in den 1980er und 1990er Jahren. Dezentralisierung, Enthospitalisierung oder ambulant vor stationär – diese Schlagworte stehen für eine Neuorientierung in der Psychiatrie. Verstärkt setzten sich dezentrale Hilfeangebote und kleinere Wohnformen durch. Das heute betriebene Konzept der gemeindenahen Psychiatrie begann sich abzuzeichnen. Seit Mitte der 1990er Jahre suchte man für alle Bewohner und Bewohnerinnen des Haues Jericho neue Perspektiven. Jericho wurde geschlossen.

Heute sind in dem Haus eine Wohngruppe der Jugendhilfe, Büroräume und im ehemaligen Pavillon der Kindergarten untergebracht.